Umsatzsteuerliche Behandlung der Überlassung von Werbemobilen an soziale Institutionen, Sportvereine und Kommunen
Oftmals erfüllen Werbeunternehmer ihre Aufträge gegenüber ihren Kunden durch das Anbringen von Werbeflächen auf Kraftfahrzeugen, die dann im Stadtbild bewegt werden. Hierfür wird verschiedenen Institutionen (soziale Einrichtungen, Vereine, Verbände, Kommunen, Interessenverbänden, etc.) ein entsprechend mit Werbeflächen versehenes Fahrzeug überlassen (sog. Werbemobil). Die Finanzverwaltung hat jüngst die sich daraus ergebenden Konsequenzen bei der Umsatzsteuer aufgezeigt.
Die Abwicklung sieht bei Werbemobilen regelmäßig so aus: Der Werbeunternehmer übergibt das Fahrzeug der Institution zur Nutzung, behält jedoch den Kfz-Brief bis zum Ende der Vertragslaufzeit, die der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer entspricht, zurück. Die Institution verpflichtet sich im Gegenzug, das Kfz bis zum Vertragsende möglichst werbewirksam und häufig zu nutzen, sowie die Werbung zu dulden. Für die Gebrauchsüberlassung sind keine Zahlungen an den Werbeunternehmer zu leisten. Die Zulassung sowie die Versicherung des Fahrzeugs erfolgt durch die Institution im eigenen Namen. Diese hat auch die laufenden Kfz-Kosten zu tragen. Nach Vertragsende wird das Eigentum an dem Werbemobil ohne Zuzahlung – mit Ausnahme der durch den Werbeunternehmer zu zahlenden Umsatzsteuer – an die Institution übertragen, die sodann die Werbeflächen zu beseitigen hat.
Umsatzsteuerliche Würdigung der durch den Werbeunternehmer erbrachten Leistung
Steuerbarkeit
Der Werbeunternehmer erbringt bereits mit der Übergabe des Fahrzeugs zu Beginn des Nutzungszeitraums eine Lieferung im umsatzsteuerlichen Sinne an die betreffende Institution, da schon zu diesem Zeitpunkt die Verfügungsmacht über das Fahrzeug auf die Institution übergeht.
Ob die Verfügungsmacht verschafft wird, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls. Die für das Leasing entwickelten Grundsätze können für die Beurteilung sinngemäß herangezogen werden. Da der Vorgang bei vertragsgemäßer Erfüllung während des vereinbarten Nutzungszeitraums, welcher der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Fahrzeugs entspricht, nicht gekündigt werden kann und mit dessen Ablauf das zivilrechtliche Eigentum auf die Institution übergeht, hat diese bereits zu Beginn des Nutzungszeitraums die Verfügungsmacht an dem Fahrzeug erlangt. Eine der Lieferung vorangehende sonstige Leistung (Fahrzeugüberlassung) ist daher nicht gegeben.
Tipp: Die Lieferung des Fahrzeugs durch den Werbeunternehmer und die sonstige Leistung der Institution an den Werbeunternehmer erfolgen im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes, wenn das Entgelt für die Lieferung des Fahrzeugs in der Werbeleistung besteht, die die Institution mit der Duldung der Anbringung der Werbeflächen auf dem Fahrzeug und dessen werbewirksamen Einsatzes an den Werbeunternehmer erbringt.
Bemessungsgrundlage
Beim tauschähnlichen Umsatz gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Die Umsatzsteuer gehört nicht zum Entgelt. Der als Entgelt anzusetzende subjektive Wert, den die Werbeleistung hat, bestimmt sich nach dem Betrag, den der leistende Unternehmer hierfür aufgewendet hat. Das sind die ungekürzten Anschaffungskosten des Fahrzeugs ohne die Kosten für das Anbringen der Werbung.
Entstehung der Steuer
Die Umsatzsteuer für die Lieferung entsteht bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Werbemobil an die Institution übergeben wurde, also beim Vertragsbeginn.
Umsatzsteuerliche Würdigung der durch die Institution erbrachten Leistungen
I. Steuerbarkeit
Die Leistung der Institution besteht in einer sonstigen Leistung.
1. Überlassung an steuerbegünstigte Körperschaften des privaten Rechts (z. B. Vereine)
Die Gegenleistung der nutzenden Institution führt zur ertragsteuerlichen Begründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, wenn dieser aktiv an der Werbemaßnahme. Dies ist dann der Fall, wenn die steuerbegünstigte Körperschaft vertraglich verpflichtet ist, das Fahrzeug über den zu eigenen Zwecken notwendigen Umfang hinaus einzusetzen oder es werbewirksam abzustellen, Pressekonferenzen zu veranstalten und Kontakte zwischen potentiellen Werbeträgern und dem Werbeunternehmer herzustellen.
2. Überlassung an juristische Personen des öffentlichen Rechts (JPöR)
2.1 Neuregelung der Besteuerung von JPöR durch § 2b UStG
Durch das Steueränderungsgesetzes 2015 wurden die bisherigen Regelungen zur Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (JPöR) neu gefasst. Der neu eingeführte § 2b UStG trat am 1.1.2016 in Kraft und ist auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2016 ausgeführt werden. Es wurde dabei eine optionale Übergangsregelung geschaffen, nach der die bisherige Umsatzbesteuerung nach § 2 Abs. 3 UStG in der am 31.12.2015 geltenden Fassung weiterhin möglich ist. Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde kürzlich der Anwendungszeitraum dieser Übergangsregelung bis zum 31.12.2024 verlängert, sofern die Option nicht widerrufen wird.
Für Umsätze, die nach dem 31.12.2024 ausgeführt werden, ist eine Option zur Altregelung nicht mehr möglich. Diese Umsätze sind zwingend nach der Neuregelung des § 2b UStG zu beurteilen.
2.2 JPöR hat von Optionsmöglichkeit zur Anwendung des alten Rechts Gebrauch gemacht
JPöR üben mit der Werbeleistung zwar eine nachhaltige, wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus. Sie sind indes grundsätzlich nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (BgA) sowie ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Der Betrieb des Werbemobils führt nur dann zu einem BgA, wenn sich diese Tätigkeit innerhalb der Gesamtbetätigung der JPöR wirtschaftlich heraushebt und von einigem Gewicht ist. Für die Beurteilung der maßgeblichen Umsatzgrenzen ist das einmalig empfangene Entgelt (Wert des Fahrzeugs) auf die Laufzeit der Werbeleistung zu verteilen, da die wirtschaftliche Tätigkeit „Werbeleistung“ über die gesamte Laufzeit erbracht wird.
Tipp: Liegt kein BgA vor, kann die JPöR unter Berufung auf die Rechtsprechung des BFH dennoch von einer unternehmerischen (wirtschaftlichen) Tätigkeit ausgehen.
2.3 Beurteilung bei Anwendung des § 2b UStG
JPöR üben mit der Werbeleistung eine nachhaltige, wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen selbständig aus und sind damit Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes.
Sind JPöR wirtschaftlich tätig, gelten sie nur dann nicht als Unternehmer, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen. Hierfür kommen nur solche Tätigkeiten in Betracht, bei denen die JPöR auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung (z. B. Gesetze, Rechtsverordnungen, Satzungen, Verwaltungsvereinbarungen, öffentlich-rechtliche Verträge oder kirchenrechtliche Rechtsetzungen) tätig wird.
Da die Werbeleistung durch Betrieb des Werbemobils auf Grundlage privatrechtlicher Vereinbarungen erfolgt, liegen die Voraussetzungen für eine Anwendung der Vorschrift des § 2b UStG nicht vor. Ebenso wenig ist die Werbeleistung als hoheitliches Hilfsgeschäft zu beurteilen. Die JPöR führt folglich mit der Werbeleistung gegenüber dem Werbeunternehmen eine umsatzsteuerbare Leistung aus.
II. Bemessungsgrundlage
Bemessungsgrundlage für die Werbeleistung ist der Wert der Fahrzeuglieferung, also der Einkaufspreis des Fahrzeugs. Soweit keine Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung ersichtlich sind, ist davon auszugehen, dass sich Leistung und Gegenleistung gleichwertig gegenüberstehen.
III. Entstehung der Steuer
Die sonstige Leistung der Institution wird erst im Zeitpunkt ihrer Vollendung, also mit Ablauf der Nutzungsdauer des Werbemobils erbracht. Der Werbeunternehmer bewirkt die als Gegenleistung des tauschähnlichen Umsatzes anzusehende Lieferung jedoch bereits zu Beginn des Vertrags. Da die Istbesteuerung bei Anzahlungen auch im Rahmen von tauschähnlichen Umsätzen gilt, entsteht die Umsatzsteuer auch bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt in Form der Fahrzeuglieferung bereits vor Leistungsausführung vereinnahmt wird.
Bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten entsteht die Umsatzsteuer ohnehin mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Entgeltvereinnahmung (Fahrzeuglieferung).
IV. Vorsteuerabzug
Sofern die Institution über den Bezug des Werbemobils eine ordnungsgemäße Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erhalten hat, kommt ein Vorsteuerabzug unter den Voraussetzungen des § 15 UStG grundsätzlich in Betracht, wenn die unternehmerische Nutzung des Fahrzeugs mindestens zehn Prozent beträgt.
Tipp: Eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht jedoch nur noch im Umfang der Verwendung für die unternehmerische – wirtschaftliche – Tätigkeit. Die auf die Eingangsleistung entfallende Steuer ist entsprechend dem Verwendungszweck in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Anteil aufzuteilen.
Der Gegenstand ist insoweit Unternehmensvermögen, als er für wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet wird. Eine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe entfällt.
Wird das Fahrzeug für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen, entfällt insoweit der Vorsteuerabzug (z. B. Verwendung für Altenheim).
V. Steuersatz
Werden die Leistungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder eines Betriebs gewerblicher Art erbracht, unterliegt der Umsatz dem Regelsteuersatz.
Stand: 28.01.2023